Author : Firth Evans Violet Mary (Dion Fortune)
Title : Mondmagie Das geheimnis der seepriesterin
Year : 1956
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Gedanken zu Mondmagie. Als ich mir für meinen ersten Roman „Die Seepriesterin" Vivien Le Fay Morgan ausdachte - oder Lilith Le Fay, wie sie sich gelegentlich selbst nannte - schuf ich eine Fiktion. Im zweiten Roman, diesem hier, hat sie sich entwickelt. Mehr noch, sie hat sich inkarniert, ist Fleisch geworden, ja sogar Herrin der Lage. Und das ist gut so, denn Gestalten müssen lebendig werden, sonst bleibt der Roman Makulatur. Jeder mit der Kunst der Schriftstellerei vertraute Leser kennt die Gefahr, daß der Autor von den Höhen des Erzählens in die Niederungen des Berichtens abstürzt oder die Höhen erst gar nicht erklimmt. Diese Gefahr ist in MONDMAGIE - DAS GEHEIMNIS DER SEEPRIESTERIN durch einen seltsamen Umstand gebannt. Nach ihrem geheimnisvollen Verschwinden blieb die Seepriesterin nicht im Grab liegen, ihre Seele beharrte darauf aufzuerstehen und umherzugehen. Ihr Geist ging so beharrlich in meinem Geist spazieren, daß ich diesen Roman wie unter Zwang geschrieben habe. Eine klare Vorstellung von der Handlung hatte ich nicht. Sechsmal habe ich das Buch angefangen, und sechsmal fand ich es im Papierkorb wieder. Schließlich machten die verschmähten Kapitel den Umfang eines mittleren Romans aus. Ich wollte schon aufgeben, da geschah etwas Merkwürdiges: Lilith nahm mir die Geschichte aus der Hand und erzählte sie selbst, und so war ich nur noch ihr Werkzeug. In der Terminologie des Romans ausgedrückt: Sie benutzte mich, wenn auch auf andere Weise als ihren Gegenspieler Dr. Malcolm. Und so kann ich keine Verantwortung übernehmen, weder für die Geschichte, noch für die Personen - auch sie schufen sich selbst. Das Ende der Geschichte hat mich selbst überrascht. Unter diesen Umständen ist es für mich außerordentlich schwierig, ihren Wert einzuschätzen. Ich halte sie nicht unbedingt für ,hohe Literatur', was immer das sein mag, sicherlich jedoch für eine psychologische Rarität. Zudem enthält sie seltsame Zusammenhänge, von denen ich vieles nicht wußte, bevor ich es gelesen habe. Die Weltanschauung von Lilith Le Fay ist heidnisch; Lilith ist eine Rebellin mit dem Hang, die Gesellschaft zu verändern. Unumwunden gebe ich zu, daß sich viel von mir in Lilith Le Fay wiederfindet, aber sie geht über mich hinaus. Mag sein, daß sie mein Freud'sches Unterbewußtsein wachgerüttelt hat. In einem Punkt unterscheiden wir uns allerdings gewaltig: Ich bin noch keine einhundertzwanzig Jahre alt. Trotzdem sieht Lilith vielleicht jünger aus als ich, und erotisch-exotischer ist sie allemal. Malcolm ist vielen Quellen entsprungen. Zu meiner Zeit kannte ich eine Reihe von Malcolms, und ich werde garantiert noch etliche kennenlernen, bevor ich mich, wie Lilith Le Fay, aus dem Staub mache, und die Kraft, die mich trägt, zurückgenommen wird. Vieles ist Fiktion, das Haus jedoch ist Tatsache; seine Türen sind vor meinen Augen geschlossen worden. Nie mehr werde ich es betreten, aber es bleibt ein geweihter Ort. ...
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